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Was bedeutet Hochsensibilität?

Hochsensible Menschen und Tiere gab es immer. Als unsere Vorfahren in kleinen Gruppen in der Savanne unterwegs waren, war Hochsensibilität ein Überlebensvorteil: Wer auf der Jagd Spuren lesen, wer Nahrungsnischen erschließen wollte, brauchte eine umfassendere Wahrnehmung. Die Fähigkeit, körperlich zu spüren, ob man von anderen Lebewesen belauert wurde, war lebenserhaltend.

In vielen Kulturen wurden Hochsensible besonders geschätzt und hatten auch spezielle Aufgaben.

Im heutigen Medienzeitalter kann Hochsensibilität jedoch eine Herausforderung sein. So viele Reize und Informationen wie nie zuvor stürmen auf uns ein. Nicht zu unterschätzen: Die Beschleunigung in allen Bereichen des Lebens. Gerade damit können sehr viele Hochsensible weniger gut umgehen.

Warum ist das so? Hochsensible, egal ob Kind oder Erwachsener, nehmen sämtliche Eindrücke stärker und detailreicher wahr und verarbeiten diese wesentlich gründlicher.  Dies kann Tage, sogar Wochen dauern und läuft fast ständig im Hintergrund mit. (Deshalb machen Hochsensible manchmal Bemerkungen über Themen, die für die anderen längst abgeschlossen sind.) Gleichzeitig stellen sie Querverbindungen zu bereits Abgelegtem her. Und –dies ist ein wirklich wichtiger Punkt – Hochsensible haben weniger gute Filter, um für sie Unwichtiges ausblenden zu können.

Stellen Sie sich vor, wir hätten gar keine Filter. Dann würden wir jedes kleinste Detail gleich genau wahrnehmen. Alles wäre gleich wichtig: das Summen der Fliege am Fenster, der Druck des Hemdkragens, das Telefongespräch des Kollegen am Nebentisch usw.

Aus diesem Wissen heraus ist es nicht verwunderlich, dass sich ein hochsensibles Kind leicht ablenken lässt: vom Vogel am Fensterbrett, vom Ticken der Uhr oder vom Herumkramen eines Mitschülers, wenn wir jetzt an die Schule denken. Es kann nicht anders. Selbst wenn sich dieses Kind sehr bemüht und versucht, auf diese „Nebenschauplätze“ nicht zu achten, so kostet ihm das doch sehr viel Kraft und Energie und es wird umso schneller ermüden.

Abgesehen von dieser anderen und viel detailreicheren Art der Wahrnehmung ist kein Hochsensibler wie der andere. Kaum jemand wird sich in all den folgenden Punkten wiederfinden, doch jeder wird sich in einem guten Teil wiedererkennen.

Sensibilität für Luftqualität

Viele Hochsensible Menschen reagieren sehr empfindlich auf Gerüche, Dämpfe, Rauch, Staub,…Für diese Menschen ist jeder Stopp an der Tankstelle eine Qual, sie leiden unter Malerarbeiten oder einem zu starken Parfum. Der Duft blühender Rosen kann sie jedoch verzücken.

Geräusche

Hochsensible Menschen nehmen Nuancen und Klangfarben von Musikstücken wahr, die anderen verborgen bleiben und können das auch sehr genießen.

Ein Büroarbeitsplatz mit ständiger Berieselung aus dem Radio ist für sie jedoch nicht auszuhalten. Auch hochsensible Kinder ertragen ständigen Lärm, z.B. in der Schule, im Pausenhof, im Turnsaal,…nur schwer.

Dazu kommt, dass sich hochsensible Menschen viel schwerer an penetrante Geräusche gewöhnen können, z.B. Wohnen an einer stark befahrenen Straße.

Optische Eindrücke

Bei vielen Hochsensiblen lässt sich ein ausgeprägtes Farbgefühl und ästhetisches Empfinden beobachten. Sie haben oft einen sicheren Blick dafür, welche Farbschattierungen welche Stimmungen besser zur Geltung bringen usw., erkennen aber auch nur geringfügige Abweichungen z.B. in der Linienführung eines Gegenstandes. Das reicht für sie aus, um diesen Gegenstand nicht zu kaufen. Subtile Abweichungen im Teint einer bekannten Person werden wahrgenommen („Bist du krank?“) oder auch, ob jemand gefärbtes Haar hat oder nicht, einfach deshalb, weil manchmal die Haarfarbe, die Farbe der Augenbrauen und des Teints nicht harmonieren.

Druck, Hitze und Kälte

Ein ausgeprägter Tastsinn lässt viele Nuancen wahrnehmen. So kann nur ein hochsensibler Mensch wirklich gut sein z.B. bei der Pulsdiagnose in der Traditionellen Chinesischen Medizin.

Die differenzierte  Temperaturwahrnehmung vieler Hochsensibler bewirkt, dass sie eine schmale Behaglichkeitsgrenze in puncto Temperatur haben. Es ist ihnen schnell zu kalt, zu heiß oder zu zugig. Deshalb kann man sie oft dabei beobachten, wie sie ihre Weste an- und ausziehen oder ihren Liegestuhl zwischen Sonne und Schatten hin- und herschieben.

Zum Thema Druck, Reibung,… ist zu sagen, dass viele Hochsensible einen Pullover als sehr kratzig empfinden, den andere für weich halten, eine Hose, die eigentlich gut passt, als zu eng empfinden oder mikroskopisch kleine Krümel im Bett unbedingt entfernen müssen. Hierzu gäbe es noch viele weitere Beispiele. Tatsache jedoch ist, dass diese und ähnliche Dinge das Wohlbefinden eines hochsensiblen Menschen wirklich beeinträchtigen.

Die Eltern hochsensibler Kinder können wahrscheinlich ein Lied davon singen. Muss ein Kind diese Unannehmlichkeiten jedoch erdulden, wird es davon enorm stimuliert und verbraucht sehr viel Energie.

Auch Reaktionen auf verschiedene Speisen sind keine Seltenheit. „Immer nachdem ich Huhn gegessen habe, brennt die Haut“

Wichtig ist es, all diese „Eigenheiten“ als Gabe anzunehmen und das Positive darin zu sehen. Konzentriere ich mich auf das Positive, wird sich genau das im Leben verstärken. Und - es gibt nichts Wichtigeres, als sich so zu akzeptieren (bzw. von den Eltern, Lehrern,…akzeptiert zu werden), wie man ist.

Denn: Auch wenn Hochsensible in manchen Situationen sehr empfindlich reagieren und deshalb von ihren Mitmenschen oft schwer oder nicht verstanden werden: Sie sind Brückenbauer, da sie die Harmonie im Leben lieben. Sie können, speziell in Extremsituationen, sehr belastbar sein. Viele von ihnen haben Führungsqualitäten, Durchsetzungsvermögen und eine innere Autorität, sodass andere ihren Anweisungen gerne Folge leisten. Die meisten Hochsensiblen sind verlässlich und genau usw… Damit aber all ihre Vorzüge zur Geltung kommen können, benötigen sie ein für sie stimmiges Umfeld, sie  müssen sich angenommen und akzeptiert fühlen und brauchen meist auch eine gewisse Entscheidungsfreiheit. Dann jedoch können sie Höchstleistungen vollbringen.

Empfohlene Literatur: Georg Parlow: „Zart besaitet“ und

Rolf Sellin: „Mein Kind ist hochsensibel – was tun?“